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insideout

Stipendium für einen Nicht-Sichtbaren
9.6. - 5.7.2003

ein Realkunst-Projekt von Hans Lamb / Eupen und Johannes Welter / Aachen
in Zusammenarbeit mit KuKuK VoE / Raeren und WABe e.V./ Aachen


 

Die möblierte Metapher - Wohnen im Grenzbereich

Norbert Werker über insideout

Im Niemandsland zwischen Deutschland und Belgien ist eine historische Leerstelle entstanden, seit die innere Öffnung Europas den Status dieser ehemaligen Außengrenze relativiert hat. Hier, wo vorher Nationalstaaten ihre Rituale von Trennung vollzogen, war es zuerst die Natur, die den Bogen über die verschwundene Grenze zu schlagen wagte. Die leerstehenden Zollgebäude füllen sich nun allmählich mit neuem, privatem Leben. Auch das verwaiste Kontrollhäuschen zog die Aufmerksamkeit einer Initiative auf sich, die sich als "Kunst und Kultur im Zollhaus Köpfchen" e.V. zur Aufgabe macht, diesen Ort durch künstlerische Aktionen mit neuem Leben zu füllen.

Im Rahmen dieser Kulturarbeit haben die Künstler Hans Lamb und Johannes Welter mit "Insideout" diese Aufgabe beim Wort genommen und die verglaste Insel im Strom des Grenzverkehrs nicht nur zu nutzen, sondern zu bewohnen gesucht. Der gegenstandslos gewordene Raum wird zur Heimstatt.

Aber dieses Wohnen ist inszeniert. Exemplarisch in der Person des Matthias Dachs nimmt ein "Außenseiter" der Gesellschaft Platz in einer neuen Mitte. Das einmonatige Stipendium ermöglicht ihm eine Auszeit im Bemühen, nach einer Phase des Nomadentums einen Ort zum Sein und Bleiben zu finden. Seine Sinnsuche, reflektiert in meterlangen Abschriften der Heiligen Schrift und in seiner Malerei, geschieht nun in einem gleichfalls sinnsuchenden Bereich. Die äußere und die innere Geschichte können beginnen, einander zu erzählen. Diese wechselseitige Spiegelung von Gesellchaft und Individuum ist der Kern der Inszenierung. Insideout.

Von der initiierenden Ebene des Projekts aus betrachtet ergeben sich neue Linien in diesem Entgrenzungsprozeß. Erst die zeitweise Aufhebung der Privatsphäre des Stipendiaten ermöglicht die Kommunikation des Projektteams und der interessierten Öffentlichkeit mit ihm, dem menschlichen Kernbereich. Auf der anderen Seite geben die Künstler Lamb und Welter die klassische Kontrolle bei der konkreten Werkentstehung preis. Sie sorgen für das Funktionieren, begleiten den Nukleus des Projektes in seiner Entwicklung und dokumentieren die Vorgänge im Zollhaus, die Reaktionen der Öffentlichkeit und die Verschiebungen von Wahrnehmungen und Vorurteilen bei allen Beteiligten. Sie üben Selbstkritik. Sie setzen das Projekt in den ästhetischen und politischen Kontext. Die innere Ausgestaltung gehört Matthias Dachs.

Jeder Teil des Projektes an sich ist geeignet, als Metapher für die anderen Teile einzustehen. "Insideout", Innen und außen, konsequent in Beziehung gesetzt, überwindet die Grenzen zwischen Realität und Kunst. Dies ist, was das Projekt von Hans Lamb und Johannes Welter zum sozialen Kunstwerk macht.

Norbert Werker, freier Autor 14.11.2003

 

 

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